Was uns 89 nigerianische Banken uns über M&A-Kommunikation lehren können
- Julia Iffert
- 16. Okt.
- 4 Min. Lesezeit
Aktualisiert: 18. Okt.
Es ist keine überraschende Erkenntnis, dass Kommunikation bei Fusionen und Übernahmen für den Erfolg entscheidend ist.
Die Forschungsliteratur (und der gesunde Menschenverstand in der Umsetzung9 konzentrierte sich bislang auf allgemeine Konzepte wie "offene und ehrliche Kommunikation", meist nach dem Grundsatz "viel hilft viel".
Was jedoch fehlte, war empirische Evidenz darüber, wie verschiedene Kommunikationsansätze die M&A-Performance und das Mitarbeiterengagement tatsächlich beeinflussen.
2016 nutzten Forscher verschiedener Business Schools in Großbritannien, Portugal und Nigeria eine außergewöhnliche Konstellation im nigerianischen Bankensektor, um genau das herauszufinden.

Der größte M&A-Boom in der Geschichte Nigerias
Zwischen 2005 und 2009 erlebte der nigerianische Bankensektor die stärkste Konsolidierung seiner Geschichte. Regulatorische Vorgaben zwangen alle Banken, innerhalb von 18 Monaten Mindestkapitalanforderungen zu erfüllen. Von 89 bestehenden Banken fusionierten in der Folge 70 Banken zu 19 neuen Instituten.
Diese Konstellation schuf ideale Forschungsbedingungen: eine klar definierte M&A-Welle in einem Sektor, angetrieben durch denselben externen Faktor, mit objektiv messbaren M&A-Ergebnis. Denn die Zentralbank Nigerias bewertete Ende 2009 jede Bank und entschied über deren Überleben: Keine Banklizenz = Fusion nicht erfolgreich.
Dies machte es zu einer idealen Fallstudie, um die Auswirkungen verschiedener Kommunikationsansätze auf das Commitment der Mitarbeiter und auf den Erfolg der Fusion zu untersuchen.
Das Kommunikations-Framework
Frühere Studien behandelten M&A-Kommunikation als Entweder-oder-Entscheidung: man "macht" Kommunikation oder eben nicht.
Die Forscher erkannten jedoch zwei Dimensionen, die entscheidend auf den M&A Erfolg wirken:
Reichhaltigkeit der Kommunikation: Von mager (E-Mails, Ankündigungen) bis inhaltlich gehaltvoll/reichhaltig (persönliche Gespräche, interaktive Sessions, personalisierte Inhalte)
Kommunikationstiming: Von intermittierend (sporadisch über den Prozess verteilt) bis kontinuierlich (stetiger Informationsfluss).
Durch die Kombination dieser beiden Dimensionen entwickelte das Forschungsteam vier mögliche Kommunikationsansätze:

1️⃣ „immersiv“: umfasst kontinuierliche und inhaltlich gehaltvolle ("reiche") Kommunikation; Unternehmen kommunizieren häufig und nutzen Medien, die reichhaltige Informationen liefern.
2️⃣ „Drip-Feeding“: Unternehmen kommunizieren kontinuierlich, nutzen jedoch Medien wie formelle Berichte und Pressemitteilungen, die keine reichhaltigen Informationen liefern.
3️⃣ „Feast or Famine“: Keine kontinuierliche Kommunikation, aber Unternehmen nutzen Medien, die reichhaltige Informationen liefern.
4️⃣ „Perfunctory“: Unternehmen, die nicht kontinuierlich kommunizieren und Medien nutzen, die keine reichhaltigen Informationen liefern.
Methode & Bewertung
Als Nächstes führte das Team insgesamt 77 Interviews mit Mitarbeitenden der 19 fusionierten Banken durch, um das Commitment der Mitarbeitenden für die Strategie und die Ziele der fusionierten Organisation zu bewerten. Das Ergebnis der M&A-Transaktion wurde dahingehend bewertet, ob die Zentralbank von Nigeria den 19 Organisationen während ihrer Überprüfung im Jahr 2009 eine Banklizenz erneuerte oder zurückhielt.
Die Erkenntnisse
1. Nach M&A-Ergebnis
Das Team ordnete die vier verschiedenen Kommunikationsansätze der "Überlebensrate" der fusionierten Bank zu.
Überlebensrate nach Kommunikationsansatz:
Immersiv: 100% Überlebensrate (alle 7 Banken behielten Lizenzen)
Drip-Feeding: 0% Überlebensrate (alle 3 Banken verloren Lizenzen)
Feast or Famine: Gemischte Ergebnisse (2 von 4 Banken überlebten)
Perfunctory: Gemischte Ergebnisse (1 von 2 Banken überlebte)

Das heißt: je reichhaltiger und kontinuierlicher die Kommunikation der Bank, desto höher ihre M&A-Erfolgsrate.
2. Bezüglich Mitarbeiterengagement
Die Forscher konnten beweisen, dass das Mitarbeiterengagement direkt mit der Qualität des Kommunikationsansatzes korrelierte:
✅ Hohes Commitment trat nur bei reichhaltiger, kontinuierlicher Kommunikation ('immersiv') auf. Nur dann verstanden Mitarbeiter die Gründe hinter der Fusion, erkannten Wachstumschancen und standen ihrer zukünftigen Rolle positiv gegenüber.
❌ Kein Commitment, wenn Mitarbeiter sich unsicher fühlten und auf Gerüchte angewiesen waren. Die Mitarbeiter standen der Fusion negativ gegenüber und sahen sie als reine regulatorische Vorgabe.
Sehr wechselhaftes Commitment entstand aus gemischten "Ein Schritt vor, zwei zurück"-Ansätzen. Mitarbeiter reagierten positiv, wenn viel und fortlaufend substanzielle Kommunikation stattfand, aber sporadisch stattfindende Kommunikation und mangelnde Glaubwürdigkeit der Inhalte untergrub nachhaltiges Commitment.
Zusammenfassend: Die Strategie muss sitzen. Und dann muss die Kommunikation der Strategie sitzen.
Was wir lernen können
Obwohl das Studiendesign seine Grenzen hat, es Fragen über Korrelation versus Kausalität aufwirft und allgemeine Weisheiten über die Wichtigkeit von Kommunikation verstärkt, lehrt sie uns die Studie vor allem zwei Dinge:
1. Die Mischung macht's
Die Studie zeigte, dass effektive M&A-Kommunikation kombiniert:
✅ Häufigkeit
✅ Kanalvielfalt
✅ Inhaltstiefe (auch personalisiert)
✅ Reichweite (organisationsweit)
✅ Interaktivität
Nur so können Unternehmen Unterstützung für ihre Fusionen oder Übernahmen mobilisieren.
Damit Mitarbeiter Bedeutung aus der Fusion ziehen und sich dafür engagieren können, muss Kommunikation ganzheitlich mit inhaltlicher Tiefe, Varianz im Kommunikationsmedium und fortlaufendem Timing punkten.
2. Kommunikation als Spiegelbild der Managementfähigkeiten
Die Studie legt nahe, dass die Kommunikationsstrategie Aufschluss über die grundlegende Herangehensweise des Managements an Fusionen oder Übernahmen gibt. Banken mit mangelnder Kommunikation behandelten ihre Fusionen als reine Transaktionen und versuchten einzig, die grundlegenden regulatorischen Anforderungen zu erfüllen, ohne breitere strategische Ausrichtung.
Im Gegensatz dazu zeigten Organisationen, die kontinuierliche Kommunikation während des gesamten Fusionsprozesses aufrechterhielten, dass sie M&A als laufende strategische Transformation betrachteten, die aktives Management erfordert, statt als einmalige Transaktion.
Mangelnde Kommunikation in M&A-Transaktionen kann ein Symptom dafür sein, dass die Unternehmensleitung die strategischen Grundlagen der Fusion selbst nicht klar artikulieren kann (oder will). Oder umgekehrt: Je klarer die Strategie, desto prägnanter die Kommunikation.

Inspiration für deinen Kommunikationsplan
Die Studie erwähnte einige spezifische Kommunikationsaktivitäten, die von den Banken umgesetzt wurden:
"Dorfplatz"-interaktive Sessions: Boten Mitarbeitern die Möglichkeit, Ängste, Sorgen und Meinungen zu äußern und Fragen in Gemeinschaftsversammlungsstrukturen beantwortet zu bekommen
24/7-Helpdesk mit garantierter Antwort: Intranet-System, wo Mitarbeiter Anfragen stellen und innerhalb von 24 Stunden Antworten erhalten konnten
Message-Pool-Zentren: Bidirektionale Interaktionsplattformen, die es Mitarbeitern ermöglichten, Informationen und Input durch organisierte Feedback-Systeme beizutragen
Gemeinsame Seminare während des Fusionsprozesses: Durchgeführt, um fusionierenden Banken zu helfen, sich miteinander vertraut zu machen
Stakeholder-Mittagessen: Organisierte Reihe von Mittagessen, um Fusionsvorteile verschiedenen Stakeholdern zu kommunizieren
Unabhängige beratergeführte Mitarbeitereinführung: Nutzung externer Berater, um alle Mitarbeiter in die neue strategische Richtung einzubeziehen und sicherzustellen, dass "jeder vom gleichen Punkt startete"
Das war's! Wenn du den Originalartikel lesen möchtest, ist er hier verfügbar:
Duncan N. Angwin, Kamel Mellahi, Emanuel Gomes & Emmanuel Peter (2016) How communication approaches impact mergers and acquisitions outcomes, The International Journal of Human Resource Management, 27:20, 2370-2397,


