Marke in M&A: Wenn die wichtigste Entscheidung zu spät kommt
- Julia Iffert
- 24. Nov.
- 3 Min. Lesezeit
„Der Anbieter hat einen guten Ruf, da bekommen wir 'da oben' die Entscheidung schneller durch.“
Oder:
„Ich nehme lieber den Partner, den ich kenne – auch wenn er teurer ist.“
Wer kennt sie nicht, diese typischen Sätze, wenn es darum geht, Leistungen oder Produkte für das Unternehmen einzukaufen?
So banal wie diese Sätze klingen, sie zeigen gut, was eine Marke wirklich leisten kann: Sie schafft Vertrauen und nimmt Unsicherheit. Und sie hilft Menschen dabei, Entscheidungen schneller und sicherer zu treffen.
Die Marke ist ökonomisch relevant.
Wenn Kunden einem Unternehmen vertrauen, bleiben sie länger, sind zufriedener und sind eher bereit, einen fairen oder auch höheren Preis zu akzeptieren. Für das Unternehmen bedeutet das: weniger Aufwand im Vertrieb, stabilere Umsätze und ein einheitliches Image im Markt.
Die Marke ist kein Logo oder Slogan. Ihre Marke ist das, was die Leute über Sie sagen, wenn Sie nicht dabei sind. (1)
Sie hat einen spürbaren Einfluss darauf, ob ein Zusammenschluss von Unternehmen funktioniert – oder eben nicht.
Trotzdem wird die Markenfrage im M&A-Prozess häufig erst spät gestellt.
Dabei spiegelt sich in der Frage die gesamte Portfolio- und Unternehmensstrategie. Daher wird an diesem Punkt auch so häufig gestritten: die Markenfrage ist der (gefühlte, weil sichtbare) Point of No Return und gleichzeitig langjährige (dann schwindende) Identifikationsfläche für Mitarbeitende.
Bis zur Klärung der Frage ist nicht klar, wie das neue gemeinsame Unternehmen oder die Unternehmen im Verbund überhaupt im Markt auftreten soll. Bleiben alle komplett eigenständig? Werden sie durch ein gemeinsames Markendach verbunden? Oder treten sie künftig unter einem (neuen) Markennamen auf?

Warum es ein Problem ist, dass die Marke in M&A so spät diskutiert wird.
Für viele Verantwortliche ist:
Marke = Logo
und nicht
Marke = Wiedererkennung + Differenzierung + Erwartung (Nutzen/Erlebnis)
Die einfache Änderung eines Logos ist in mittelständischen Unternehmen meist wenig komplex. Die Änderung der Vorstellungen, die das Logo oder der Unternehmensname auslöst, ist dafür umso schwieriger und langwieriger.
Und sie hat weitreichende Implikationen:
Risiko für die Realisierbarkeit der Wert-These: Die Markenarchitektur (also wie die Marken nach außen sichtbar zueinander stehen) beeinflusst direkt, wie z. B. Potenziale und Synergien gehoben werden können.
Unsicherheit bezüglich Marktposition und Wettbewerbsfähigkeit: Markenspezifische Faktoren wie Preis- und Volumenpremium, Kundenbindung und Marktattraktivität sind entscheidend für die Zukunftsfähigkeit des zukünftigen Unternehmens.
Verpasste Synergie- und Cross-Selling-Chancen: Ohne klare Markenstrategie können Synergien in Vertrieb und Angebot nicht richtig geplant oder genutzt werden.
Höheres Integrations- und Transaktionsrisiko: Das Transaktionsrisiko steigt, wenn die Auswirkungen der Markenoptionen (z. B. Beibehalten, Integration, Beenden) erst nach Closing klar werden. Außerdem werden Risiken und Kosten aus Integration, Rebranding und Marktneuorientierung oft unterschätzt und können nachträglich zur Fehleinschätzung der gesamten Transaktion führen.
Warum die Markenfrage erst so spät diskutiert wird.
Im Transaktionsprozess stehen finanzielle und rechtliche Themen im Vordergrund. Das verdrängt die Frage, wie das Unternehmen nach dem Closing im Markt auftreten soll. Die Frage scheint einfach nicht wichtig, weil vielen Verantwortlichen die oben diskutierte Tragweite der Frage bei B2B-Geschäftsmodellen häufig nicht klar ist.
Hinzu kommt, dass nicht nur die Markenfrage, sondern auch die notwendigen Analysen und die Verantwortlichkeiten im M&A-Prozess selten eindeutig verankert sind. Optimismus bei erwarteten Synergien verhindert zusätzlich eine nüchterne Betrachtung.
So entsteht der Eindruck, Markenentscheidungen seien nachgelagerte Detailarbeit, obwohl sie tief in die wirtschaftliche Substanz eingreifen und einen Beitrag zur Wertrealisierung leisten.
Was wäre anders, wenn Marke in M&A frühzeitig strategisch gedacht würde?
Dann würde die Integration stärker von der Unternehmensstrategie und der Positionierung des Unternehmens bzw. der Produkte gedacht werden. Und basierend auf dem, was Kunden zukünftig brauchen und erwarten.
Es wäre früher klar, welche Marke welche Rolle spielt und wie das neue Unternehmen auftreten sollte. Erst danach würde man überlegen, wie die Marken konkret zusammengeführt werden.
Genau dafür gibt es klare Workshops und Methoden, mit denen sich verschiedene Szenarien testen lassen - bevor Entscheidungen getroffen werden, die schwer rückgängig zu machen sind.
Lassen Sie uns gerne darüber sprechen!)
(1) ich weiß nicht, wer das gesagt hat. Wenn Sie es wissen, sagen Sie es mir.
